In einem Altenheim ..

oder hochgestochen auch Seniorenresidenz genannt, möchten wir auch nicht unbedingt später leben, das ist mal klar.
Meine Freundin M., die vor über 30 Jahren an
MS erkrankt ist, lebt seit einigen Jahren in einem solchen Heim.
Es ist neu erbaut und mit ca. 60 Plätzen überschaubar. Alles ist ansprechend tapeziert und dekoriert, Einzelzimmer; ein schöner Garten, der die Sinne ansprechen soll, gehört auch dazu.
Zwei Stationen sind den Dementen vorbehalten.
Vor einigen Tagen besuchte ich sie. Im laufe der Unterhaltung sagte ich scherzhaft:" Zu Hause bin ich die meistgehasste Person." (Weil ich immer sage, was mir nicht gefällt und z.B. Töchterlein auch Feuer unterm Hintern mache :-) ).
Worauf sie erwiderte: "Kenne ich, das bin ich hier auch."
Ich stutzte und wollte dann näheres wissen, aber sie fing an zu weinen und deutete an, dass sie im Moment nicht darüber sprechen wolle, alles sei noch zu frisch.
Seitdem schwirrt mir das im Kopf rum. Was ist wohl vorgefallen?
Mittlerweile braucht sie ja viel Hilfe. Der eine Arm macht gar nichts mehr, mit dem anderen ist es auch nicht sooo toll. Der normale Rollstuhl wurde längst gegen einen High Tech Pflegerollstuhl getauscht.
Sie versucht sich ihre Unabhängigkeit so gut es geht zu bewahren. So besteht sie darauf, dass sie sich um ihre Medikamente selber kümmert. Sie will nicht Vor- und Nachmittags im "großen Roll-Stuhlkreis" bei Heimatmusik in der Sitzecke die Tage bis zu ihrem Tod verbringen. Stattdessen bleibt sie in ihrem Zimmer, geht an ihr Laptop und schreibt E-Mails oder spielt etwas.
Wenn sie Hilfe braucht, z.B. eine DVD ins Laptop einlegen, muß sie klingeln. Ihr Zimmer liegt im Ende des Ganges. So muss das Personal für sie Wege zurücklegen, während die anderen Bewohner den ganzen Tag unter ständiger Beobachtung die Sitzgruppe bevölkert. (Es werden aber auch selbstverständlich mal Aktivitäten angeboten, nach Draußen gegangen, gemeinsam Kuchen gebacken usw. Es wäre nicht fair, würde das nicht erwähnt werden.)
Ist das der Grund? Gilt sie als "nervige" Bewohnerin, weil sie nicht ins Schema S passt: Sauber, satt, stumm. ?
Schon den PC-Anschluß musste sie sich bei ihrem Einzug erkämpfen (ein PC ist für Bewohner nicht vorgesehen). Und ein eigenes Telefon. Zudem wollte sie nicht von männlichen Pflegern gewaschen werden (was für Unmut sorgte).
Versucht sich das Personal in sie hineinzuversetzen? Wie man sich fühlen muß, wenn man mit knapp über 50 Jahren ins Altenheim ziehen muß? Wie das ist, wenn die Körperkraft nachläßt und man für jede Hilfeleistung fragen muß? Wenn einem viele Entscheidungen nicht mehr selbst überlassen werden, sondern einfach über ihren Kopf hinweg bestimmt wird?"
Kann man dem Personal Vorwürfe machen? Haben sie überhaupt die Zeit, sich um solche Belange, die außerhalb von satt und sauber liegen, zu kümmern?
Heute kam eine Mail. Meine Freundin schreibt: "Es gibt Veränderungen bei uns. Unser Haus wurde von dem Altenheim im Nachbarort (über 200 Plätze) übernommen. Morgen kommen die Verantwortlichen zu uns. Bestimmt muß gespart werden. Da wird das Personal gekürzt. Darauf wette ich. Diese Entwicklung macht mir echt Angst."
1140 mal mitgeschlummert
Treibgut - 13. Aug, 00:05

Altenheim

... ja, man hofft, ich hoffe, eine eigene andere Lösung zu finden, wenn das anstehen sollte. Aber, ob das was wird?

schlafmuetze - 13. Aug, 21:57

Hallo Treibgut :-)

Ja, das hoffen wir alle. Mein ältester Sohn hat mir zwar versprochen mich zu pflegen, aber nur so lange, wie ich alleine im WC zurecht komme. ;-)
Na, das sind doch Aussichten.
Kann man richtig Vorsorgen? Vielleicht in dem man mit 60 Jahren in eine "Rentner-WG" mit netten Leuten zieht? Auch nicht soo einfach.
Verwandte meiner Schwiegereltern - ein Ehepaar - haben sich umgebracht, als sich Krankheiten einstellten.
Also positiv denken und hoffen, dass man mit 80 J. noch munter herumspringt.
Grüßli :-)
Theomix (Gast) - 13. Aug, 21:24

:-/

Klingt unerfreulich...

schlafmuetze - 13. Aug, 22:00

Hallo Theomix :-)

Ja, das klingt es. Ich teile ihre Befürchtung. Bei solchen Übernahmen muß immer irgendwie Geld eingespart werden.
Der Mensch bleibt auf der Strecke.
Grüßli
stellinger - 14. Aug, 10:21

Es wird wohl so kommen, . . .

. . . wie es in allen derartigen Einrichtungen ist: Zu wenig Personal, ruppige Behandlung durch ständigen Zeitdruck. Der Patient wird auf der Strecke bleiben — leider.
Hoffentlich nehmen sie Deiner Freundin nicht den Laptop weg, weil er ja "zusätzliche Arbeit" macht. Ist es ihr eigener?

Ich hoffe und bete, dass meine Frau und ich niemals in so ein Heim müssen!!!

schlafmuetze - 16. Aug, 17:27

Hallo Jürgen :-)

Ruppige Behandlung? Ich hoffe nicht.
Über die Jahre ist meine Freundin sehr empfindlich geworden. Mein Gefühl sagt mir, sie ist es furchtbar leid, immer fragen zu müssen, immer mehr Eigenständigkeit abgeben zu müssen.
Vor einigen Jahren war sie mit unserem "Häkel"-Club noch bei uns, da passierte es, dass sie zur Toilette mußte und wir ihr helfen mußten. Kein Problem ... eine Freundin ist Altenpflegerin, ich pflegte da schon Schwiegervater... und wir sind über 30 Jahre befreundet.
Aber sie hat fast eine halbe Stunde geweint, weil sie es als demütigend empfunden hat, dass sie sich jetzt sogar in intimsten Bereichen von uns helfen lassen muß.
Das Laptop gehört ihr, das wäre ja wohl noch schöner. Dann wäre da aber was los, wenn ihr das jemand wegnehmen will. Sie ist ja nicht allein, auch wenn sich ihre 6 Geschwister mit Familien kaum blicken lassen. :-(
Sie hat zahlreiche Freundinnen und Freunde, die da dann auf der Matte stehen würden.
Ich selber denke, dass beide Seiten etwas überempfindlich reagieren. Ein wirklicher Meinungsaustausch findet wohl nicht statt. Die meisten Schwestern sind sicherlich nett, warum auch nicht. Aber der Druck auf das Personal wird ständig erhöht, das sorgt dann auch für Unmut, wenn man immer das Gefühl hat, seine Arbeit nicht schaffen zu können. Und da sind wir jetzt schon angelangt.
Grüßli :-)
Helene (Gast) - 21. Aug, 09:11

Deine Freundin sollte sich nach einer anderen Einrichtung umsehen.Es gibt inzwischen diverse Häuser für junge Pflegebedürftige.In Mölln gibt es z.b. eine sehr gutes. Einfach mal googeln, denn es ist gesünder den Stress des Umzuges auf sich zu nehmen, als für den Rest des Lebens unglücklich zu sein und gar zu verkümmern. Nur Mut!

schlafmuetze - 21. Aug, 17:12

Liebe Helene .. :-)

Im Grunde hast du natürlich Recht, aber ..
Ihr Freundeskreis ist hier. Wir sind quasi auch ihre Helfer in vielen Belangen. Wir gehen mit ihr Eisessen oder mal am Abend zum Spargelessen. Ich helfe ihr bei dem PC Krimskrams. Eine "Häkelschwester" besucht sie immer Mittwochs an ihrem freien Tag, um wichtige Dinge für sie zu erledigen, die anfallen. Sie nimmt auch jetzt noch (seit 33 Jahren) an unseren regelmäßigen Treffen teil. Wir unterstützen sie sogar finanziell, denn mit 80 € Taschengeld im Monat kommt sie nicht weit, wenn eine (einfache) Taxifahrt (Roll*stuhl*taxi) in den 8 km entfernten größeren Ort schon 20 € kostet. Also teilen wir "Häkelschwestern" die Taxikosten unter uns, bezahlen auch die regionale Online Tageszeitung, leihen ihr DVD oder Hör CDs. Wenn sie bestimmte Dinge braucht, sagt sie uns Bescheid, damit wir erst versuchen können, kostenlos oder extrem günstig etwas zu organisieren.
Andere Freunde von ihr gehen mit ihr nach draußen zum Spazierengehen, holen sie ab zum Shoppen gehen oder am Abend zum Grillen.
So einen Freundeskreis kann man sich nicht aus dem Stehgreif woanders wieder aufbauen. Zudem wohnt ihr 94 jähriger Vater im Ort.
Es spricht mehr dagegen als dafür.
Liebe Grüße :-)

Jetzt auch: https://omaschlafmuetze.wordpress.com/

Herzlich Willkommen! Mensch an meiner Tür, du mußt nicht lachen, wenn du eintrittst. Du mußt auch keiner sein den alle mögen und der sein Leben sicher meistern wird. Mensch an meiner Tür, was ich mir von dir wünsche: Laß deine Masken draußen, schmink deine Rollen ab die du herumschleppst. Mensch an meiner Tür, hab´keine Angst anzuklopfen. Es gibt hier nichts, was du beweisen müßtest.

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Recht und Gesetz !!

Haftungsausschluß Dies ist mein privater Blog. Alle Photos darin wurden von mir gemacht. Ohne mein Einverständnis dürfen sie weder kopiert noch verwendet oder an anderer Stelle veröffentlicht werden. Für Inhalte anderer Blogs, die hier verlinkt sind, hafte ich nicht, denn ich habe keinen Einfluß darauf. Sollten sich darin rassistische oder kriminelle Inhalte befinden, bitte ich um Benachrichtigung, damit ich den Link entfernen kann. Bilder
Mehl für mich: Blogname pünktchen mw ät gmx Pünktchen net

Credits


30 Tage - 30 Tassen :-)
Geschichten aus dem wirklichen Leben
Ich bin ein Hippie
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren
development