Was mich immer wieder tierisch ärgert ...

Als wir - meine Freundinnen und ich - am vergangenen Samstag nach Bremen zum shoppen fuhren, war es einmal mehr ein echtes Abenteuer.

Und damit meine ich ganz besonders die Fahrt... mit der Bahn !!
Eine meiner Freundinnen hat nämlich MS und ist seit Jahren an den Rollstuhl gefesselt. Und das ist ein sehr großes Problem beim Bahnfahren.

Da ich zum Schätzelchen gezogen bin, wohne ich in einer anderen Stadt als die 4 Damen.
Gedacht war: ich steige in die Bahn (Privatbahn) und fahre bis O. sie steigen in die Bahn (Privatbahn) und fahren aus der anderen Richtung bis O. dort steigen wir gemeinsam in den Zug (Deutsche Bahn) nach Bremen.
Aber ...
eine Uhrzeit war noch nicht abgemacht, da fiel mir bei meinem täglichen Stops in O. auf, das alle Züge in Richtung Bremen - und es fährt jede Stunde einer - IR oder RE waren. Diese haben mindestens 2 , für Rollstuhlfahrer, unüberwindbare Stufen. Der IR hat zudem extrem schmale Türen. Keine Chance für M. Nur um 11 Uhr fährt die Privatbahn von uns aus über O. nach Bremen. Mit der kann sie fahren, weil der Einstieg ebenerdig ( Bahnsteigkante) ist und die Türen breit sind. Zudem ist dort auch Platz für Rollstühle. Aber 11 Uhr war uns eigentlich zu spät. Zudem kamen die Damen aus der anderen Richtung, müßten dann in O. umsteigen, außerdem noch eine halbe Stunde in O. warten.
Wäre jedoch machbar gewesen.

Dennoch wäre das Projekt fast gescheitert, denn:
In deren Heimatstadt gibt es zwar einen Bahnhof, in dem die Privatbahn auch hält, aber nur auf Gleis zwei. Dorthin kann man ausschließlich durch einen Fußgänger-Tunnel mit circa 30 Stufen runter und nochmal 30 wieder rauf. Fahrstuhl Fehlanzeige.
Man muß mindestens einen Tag vor der Fahrt der Bahn mitteilen, wenn man als Rollstuhlfahrer mitfahren möchte, dann läuft die Bahn ausnahmsweise auf Gleis 1 ein. Toll.
Für die Hinfahrt machbar, für die Rückfahrt auf keinen Fall, denn da hätten wir schon eine sehr späte Fahrt angeben müssen, vorsichtshalber. Wir wußten ja nicht, wie lange die Shopping-Tour dauern würde.

Gelöst haben wir das Problem dann doch noch.
Die Damen sind ungefähr 30 km mit dem PKW zu einer anderen Stadt gefahren. Dort fährt auch die Privatbahn, aber eine andere Strecke. Man kann jedoch immer von Gleis eins einsteigen.
Die fahren dann zwar nicht über O. sondern über D. nach Bremen, doch wir haben uns nun in Bremen auf dem Bahnhof getroffen. Und das ging auch.

Ich bin dennoch einmal mehr sehr verärgert darüber, wie schwer, ja fast unmöglich, es behinderten Menschen gemacht wird, am ganz normalen Leben teilzunehmen.
1160 mal mitgeschlummert
Aurisa - 19. Apr, 23:17

Ja wirklich ganz 'toll' sowas :(...
Bei uns gibt es zwar inzwischen schon seit einigen Jährchen einen Fahrstuhl zu den Gleisen... aber der ist hier auch öfter dauerkaputt als sonstwas... und dann ist wieder nix mit Verreisen für Rollstuhlfahrer :(... Und hier muss man sogar bei an- UND abfahrt den Fahrstuhl benutzen, als Rollstuhlfahrer... denn BEIDE Gleise sind nur damit erreichbar...
Gleis 1... das einzige, das früher ohne Treppe erreichbar war... das haben sie vor kurzem für immer rausgerissen...
Nein in Deutschland möchte man wirklich nicht im Rollstuhl sitzen müssen...
P.S: Hast du die Städtenamen mit Absicht hier öffentlich geschrieben...? Ich meine nur, falls es ein Versehen war und du sie vielleicht lieber entfernen möchtest...

schlafmuetze - 20. Apr, 13:01

Hallo Aurisa :-)

Wenn da wenigstens ein Fahrstuhl wäre .. !
Ich habe schon mal irgendwo gelesen, dass Behinderte kein Recht darauf haben, mit der Bahn mitfahren zu dürfen. Soll heißen, wenn der Zug auf eins einfährt, damit der behinderte Mensch mitfahren kann, dann ist das ein Entgegenkommen der Bahn, aber sie müssen es nicht :-( DAS IST SO MIES !!!
Da steht ja nur Bremen und O. Das ist noch relativ anonym. Nur du kennst die anderen Städte .. *grins* .. darum kommt dir das warscheinlich alles so bekannt vor ;-) Aber vielleicht ändere ich das gleich doch noch.
Ganz liebe Grüße :-)
Iggy - 20. Apr, 10:32

meine güte, das ist ja eine katastrophe, wenn die züge und bahnsteinkanten so unzulänglich sind, dass kein einsteigen oder in diesem fall einfahren möglich ist.
hier gibt es auch viele bahnhöfe ohne fahrstuhl. wenn jetzt jemand mit rollstuhl dort aussteigt, dann steht er ziemlich blöde da. es gibt nur eine möglichkeit, nämlich mit dem nächsten zug (wenn man denn hineinpasst) zurück oder woanders hin zu fahren. ist schon ein kreuz...
so ich muss mal in den garten... lieben gruß!

schlafmuetze - 20. Apr, 13:12

Hallo Iggy :-)

Stimmt. Es wird überhaupt nicht an behinderte Menschen gedacht. Die können schon meistens nicht selber Auto fahren und sind sowieso auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen .. aber da können sie oft gar nicht einsteigen.
Wir sind schon ein tolles, modernes, freies Land.

Im Garten war ich gestern auch. Ist lausig draußen. Irgendwo sollen heute 20 Grad sein .. aber leider nicht bei uns; schade, nun muß ich die Näharbeiten erledigen :-(
Liebe Grüße, schönen Sonntag !! ;-))
Malte - 20. Apr, 14:36

das ist ne Sauerei!

Bei uns in der Schweiz wird grossen Wert darauf gelegt, dass auch körperlich Behinderte mit der Bahn fahren können. Alle Bahnhöfe müssen konform gebaut werden, wo das nicht ist muss es geändert werden. Und es gibt einen extra Schalter wo man sich anmelden kann, und die Bahn stellen dann eine Person gratis zu Verfügung die einem hilft und den "Lift" zum einsteigen in den Zug bedient. Im Zielbahnhof ist dann bereits eine andere Person informiert, welche hilft den Rollstuhl wieder rauszuheben...

schlafmuetze - 20. Apr, 21:05

Hallo Malte :-)

Ja, isses.
Ja, wir haben ja auch ein Gesetz, das niemand benachteiligt werden darf ... etc. etc. Hält sich nur keiner dran. Was will man machen, wenn keine Rampen gebaut werden, die Züge nicht behindertengerecht sind usw. ? Die Bahn verklagen? Die Gerichte geben leider der Bahn recht. Es gab in der BRD einen anderen Fall, wo die Bahn eine Frau mit einem Elektrorollstuhl auf dem Bahnsteig stehen lassen hat. Die eine Fahrt durfte sie mitfahren, die Rückfahrt mit mal nicht mehr. Da mußte sie 17 km mit dem Rollstuhl auf einer Bundesstrasse ohne Fahrradweg nach Hause fahren. Saugefährlich.
Die Bahn war im Recht, hat dann ein Gericht befunden. Die müssen nicht jeden mitnehmen. Herzlichen Glückwunsch Deutschland.
Es wird keine Rücksicht auf behinderte Menschen genommen. Manchmal auch bewußt, weil solche Kunden gar nicht erwünscht sind. Ist nicht ästhetisch!!
Traurig, traurig.
Lieben Gruß
Malte - 21. Apr, 22:14

also bei uns kann man gegen die Bahn klagen, und das mit Erfolg. Unlängst wurde es gesetzlich festgelegt dass jeder Bahnhof die Auflagen zu erfüllen hat, auch wenn es etwas kostet...
schlafmuetze - 22. Apr, 08:02

Ach Malte .. :-) ..

in der Theorie gibt es bei uns auch alle möglichen Gesetze und Vorgaben. Leider sieht die Realität immer ganz anders aus.
Es wird überhaupt nicht an behinderte Menschen gedacht. Dafür gibt es unzählige Beispiele.
Jeder hat nun auch keine Lust oder kein Geld eine Klage einzureichen.
Manchmal wird in zähen, kleinen Schritten über Behindertengruppen (wir haben hier z.B. eine ganz aktive MS-Gruppe) winzige Erfolge erzielt ... Eine Rampe vor der Post z.B. hat bei uns NUR ungefähr 15 Jahre bis zur Realisierung gebraucht, obwohl die Umbauarbeiten gar nicht so aufwendig waren. Oder der behindertengerechte Eingang am neuen Rathaus... soll heißen die extrabreite Tür. Die konnte allerdings keiner aufbekommen, weil sie zu schwer war. Das mußte dann nachträglich wieder umgebaut werden und jetzt geht sie per Knopfdruck auf!!!
Sowas läuft dann aber nur über die Selbsthilfegruppe, die das jetzt immer öffentlich macht. Sonst passiert einfach nix.
Es gibt zum Beispiel auch vor jedem Supermarkt Behindertenparkplätze. Die werden aber fast ausschließlich von unversehrten Personen benutzt. Es gibt aber keine rechtliche Handhabe, weil die Parkplätze privat sind (also dem Laden gehören). Das ist doch blödsinnig.
Und von den Personen, die die Parkplätze widerrechtlich benutzen, ist das obermies.
Es müßte aber doch so sein, dass solche Dinge selbstverständlich sind... oder bin ich zu naiv?
Liebe Grüße :-)
tinius - 20. Apr, 19:25

Barrierefreiheit in Deutschland ist ein anscheinend ewiges Problem - wie so vieles andere, das mit Behinderung zu tun hat. Man denke an eine etwa doppelt so hohe Arbeitslosenquote bei Behinderten, die Auswirkungen der Gesundheitsreformen auf die Finanzierung der Medikation, der Therapie und der Hilfsmittel und die selten ausreichenden Sozialleistungen. Es verbessert sich allenfalls schrittweise, während in einem anderen Bereich gleichzeitig alles schlechter wird. Behinderte werden gerade von privatwirtschaftlichen Unternehmen und staatlichen Stellen fast ausschließlich als Kostenfaktoren gesehen. Ich habe wenig Hoffnung, daß sich daß in meiner Lebenszeit noch grundlegend ändern wird (auch weil fast jedes positive Gesetz genug Schlupflöcher für ein legales Aufweichen läßt). Ich bin froh, daß ich relativ selbständig agieren kann. LG tinius

schlafmuetze - 20. Apr, 21:20

Hallo Tinius

Die Hoffnung habe ich auch nicht. Irgendwann werden gleich alle Menschen abgeschafft, die nur Kosten hervorrufen. Darum bin ich dafür, das keine Genproben verlangt und genommen werden dürfen. Da müssen wir höllisch aufpassen.
Ich bin ja schon oft mit unserer Freundin unterwegs gewesen. Kann man abhaken. Manchmal ist es schon ein Problem in ein Cafe zu gehen, weil alles zugestellt ist. Behindertentoiletten? Fehlanzeige. Abgesenkte Bürgersteige ? Manchmal.
In einer relativ neuen Schul-Sporthalle bei uns können Rollstuhlfahrer nicht an Sportveranstaltungen teilnehmen, weil 15 Stufen das verhindern. Aber .. es gibt einen Fahrstuhl. Der ist jedoch verschlossen und der Hausmeister gibt den Schlüssel nicht an die Veranstalter ab. Er selbst hat dann Feierabend. Das ist doch klasse oder ? Da passiert erst etwas, wenn ein Betroffener das in unserer Tageszeitung öffentlich macht. So wie bei uns. Aber jeder will eben nicht in der Zeitung stehen.
Liebe Grüße

PS. Schade, das dein Computer krank ist. Noch Klinik oder schon Reha?
tinius - 29. Apr, 23:07

Seit gestern läuft der PC wieder. ;) - Das flächendeckende System der Pränataldiagnostik, das die Selektion behinderter Embryonen erlaubt, dazu die erweiterten Abtreibungsmöglichkeiten für vorgeburtlich geschädigte Kinder haben ja einen deutlichen Anfangspunkt gesetzt, fehlt also nur noch die Möglichkeit der Euthanasie, um auch die schon geborenen Kostenfaktoren zu erfassen. Unter dem Deckmäntelchen des selbstbestimmten Sterbens wird aber auch das langsam wieder hoffähig, und ich bezweifle, daß die Politik auf lange Sicht einen Dammbruch verhindern wird können. LG tinius

Jetzt auch: https://omaschlafmuetze.wordpress.com/

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